Arbeit am Kunstwerk
Zur Überlebensfähigkeit eines ungebräuchlichen Begriffs in der Gegenwart
Freitag, 10. Oktober 2014
Aktsaal, Fersteltrakt, 2. Stock
Universität für Angewandte Kunst
14:30-15:00 Eva Kernbauer, Einführung
15:00-16:00 Tobias Vogt (Berlin), Arbeit am Zertifikat
Pause
16:30-17:30 Peter J. Schneemann (Bern), Das Werk zwischen Imagination und Erinnerung. Anachronismen in der Kunstbetrachtung
17:30-18:30 Angela Matyssek (Münster), Zwischenräume von Produktion und Rezeption: „Werke“ in
institutionellen Arbeitsprozessen
18:30 Uhr Diskussion
Tobias Vogt (Berlin): Arbeit am Zertifikat
Während die Künstlerinnen und Künstler der Moderne sich zumeist für den Rand des Werks als Ort der Signierung, Datierung oder Betitelung entschieden, haben seit den 1960er Jahren zwei gegenläufige Entwicklungen zugenommen: Entweder rücken diese Merkmale der Authentifizierung ganz vom Werk ab und stehen auf einem separaten Zertifikat, oder die Kunstschaffenden greifen Formen und Funktionen dieser Merkmale unterschiedlich auf und stellen sie formal wie thematisch ins Zentrum des Werks. Der Vortrag untersucht diese Prozesse und richtet sein besonderes Augenmerk auf diejenigen Zertifikate, die – signiert, datiert und betitelt – neuerdings als Werke auftreten.
Tobias Vogt ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Kunsthistorischen Institut der Freien Universität Berlin, wo er in diesem Wintersemester Gregor Stemmrich vertritt. Zu seinen Forschungsschwerpunkten gehören die Gegenwartskunst, Bild und Text in der Moderne sowie das Zusammenspiel von Werken und Waren ab 1800. Er promovierte über „Untitled“ und habilitiert sich derzeit über „Artikel der Kunst. Alltagsobjekt und Wortspiel in Frankreich“. Zuletzt war er Mitherausgeber des Handbuchs „Kunst ↔ Begriffe der Gegenwart. Von Allegorie bis Zip“, Köln 2013.
Peter J. Schneemann (Bern): Das Werk zwischen Imagination und Erinnerung. Anachronismen in der Kunstbetrachtung
Angela Matyssek (Münster): Zwischenräume von Produktion und Rezeption: „Werke“ in
institutionellen Arbeitsprozessen
„Werke“ der Gegenwartskunst sind in den letzten 30 Jahren in mehrfacher Hinsicht „in Arbeit“. Jenseits kunsttheoretischer Fragen besteht die grundlegende (auch praktisch zu entscheidende) Herausforderung für das Erhalten einmal hergestellter Kunst darin, herauszufinden was genau jeweils für ein bestimmtes „Werk“ essentiell ist, um es als es selbst zu tradieren. Forschungen zum Umgang mit Kunst, zu ihrer Musealisierung, Konservierung und den ihnen unterliegenden Theorien und Praktiken sind bisher kaum Teil der Kunstgeschichte. Anhand von Beispielen gehe ich den Möglichkeiten, aber auch den Herausforderungen einer solchen Perspektiverweiterung nach: Welche Akteure, Quellen, Methoden und welches Verständnis von „Werk“ impliziert sie? Woran kann dieses Verständnis vom Kunstwerk anknüpfen? „Werke“ unterliegen aus dieser historischen oder besser biographischen Sicht notwendigerweise immer Veränderungen und sie werden durch institutionelle Praktiken wie die Konservierung immer wieder neu stabilisiert. Damit argumentiere ich für ein prozessuales Verständnis von Kunstwerken, das neben der Kunst und den Rezipienten auch die Geschichtlichkeit mitdenkt.
Angela Matyssek ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Kunstgeschichtlichen Institut der Philipps-Universität Marburg und arbeitet an einem Projekt zu den Theorien und Praktiken des Originalen und Authentischen in der Kunst, Kunstgeschichte und Konservierung seit 1960. Zu ihren Buchpublikationen zählen „Kunstgeschichte als fotografische Praxis. Richard Hamann und Foto Marburg“, Berlin 2009 und als Herausgeberin „Wann stirbt ein Kunstwerk? Konservierungen des Originalen in der Gegenwartskunst“, München 2010.